CTC – Continuous Transaction Control
Kontinuierliche Transaktionskontrollen (Continuous Transaction Control, CTC) ermöglichen es Strafverfolgungsbehörden, Daten direkt aus geschäftlichen Transaktionsprozessen oder Datenmanagementsystemen nahezu in Echtzeit zu beziehen. Damit sollen Ineffizienzen, die mit rückwirkenden Prüfungen einhergingen, ausgemerzt sowie Umsatzsteuerlücken geschlossen werden.
Die Grundlagen von CTC – Kontinuierliche Transaktionskontrollen
Was ist CTC und wie funktioniert es?
Bislang führten Steuerbehörden Post-Audits durch, um sich über getätigte Transaktionen zu informieren. Dieser Prozess war nicht nur ineffizient, sondern auch fehlerbehaftet, da er von den durch die Rechnungsparteien erhobenen Daten abhing. Mit Hilfe von ständigen Transaktionskontrollen (CTC) prüfen staatliche Steuerbehörden elektronische Rechnungen auf Transaktionsebene – auch hinsichtlich der Einhaltung von Vorschriften. So lässt sich sicherstellen, dass Steuerverbindlichkeiten im E-Commerce ebenso wie im Beschaffungsbereich nachverfolgt werden. Damit sich die Finanzverwaltung in den Rechnungsaustausch zwischen Sender und Empfänger einschalten kann, wird eine elektronische Rechnung in einem strukturierten Datenformat benötigt.
CTCs umfassen alle Variationen der Transaktionskontrollen, die vor, während oder nach dem Austausch geschäftlich relevanter Dokumente zwischen Lieferanten und Käufern stattfinden.
CTC und Standardisierung
Derzeit existiert kein europaweit einheitliches Modell für CTC. Den einzelnen Ländern bleibt es selbst überlassen, sich für eine Digitalisierung des Umsatzsteuersystems zu entscheiden oder nicht. Sie können ihre eigenen Systeme entwerfen und implementieren. Doch nur ein standardisierter Ansatz zur digitalen Umsatzsteuer-Meldung erleichtert es den Steuerbehörden, Gelder zurückzuverfolgen und grenzüberschreitende Geldwäsche zu verhindern. Darüber hinaus könnte die Attraktivität europäischer Handelspartner für andere globale Volkswirtschaften steigen, da unnötige Komplexität in Import- und Exportprozessen ausgemerzt werden würde.
Um eine Standardisierung der CTC-Modelle zu erreichen, ist es für die Europäische Kommission noch ein langer Weg. Für die Umsetzung ständiger Transaktionskontrollen in Deutschland existiert bislang noch kein formeller Zeitrahmen – ebenso wie für verpflichtende E-Invoicing-Systeme.
CTC und Peppol
Das Peppol-Netzwerk ermöglicht den elektronischen Austausch unterschiedlicher geschäftlicher Dokumente, einschließlich E-Rechnungen. Es basiert auf dem 4-Corner-Modell und erfordert, dass die Teilnehmer die Dienste eines Peppol Access Points nutzen, um Dokumente innerhalb des Netzwerks auszutauschen. Peppol CTC hebt dieses Modell auf die nächste Stufe: Hier melden die Peppol Access Points in Echtzeit Transaktionsdaten an die Steuerbehörden oder an offizielle Plattformen. Hierdurch erhalten Wirtschaft und Steuerbehörden mehr Kontrolle.
Die Vorteile von kontinuierlichen Transaktionskontrollen
Künftig soll in Deutschland, wie bereits im Koalitionsvertrag der Ampelregierung verankert, ein bundesweit einheitliches Meldesystem zur Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von elektronischen Rechnungen eingeführt werden. Während es den staatlichen Behörden in erster Linie um die Schließung von Umsatzsteuerlücken geht, profitieren Unternehmen von Effizienzgewinnen, Bürokratieabbau und einer höheren Transparenz. Erhalten Steuerbehörden Daten schneller und in einem strukturierten, maschinenverwertbaren Format, haben sie die Möglichkeit, eine tiefgreifende Analyse der unterschiedlichen Datenquellen der Steuerzahler und der Drittanbieter durchzuführen. Sind die angegebenen Daten unvollständig oder fehlerhaft, setzen sich Unternehmen höchstwahrscheinlich verstärkten Audits aus.
CTC im Kontext von Compliance und Betrugsprävention
In den vergangenen Jahren haben sich die Steuersysteme rund um den Globus verändert, sodass die Steuerbehörden direkt in den Transaktionsprozess eingreifen - zum einen, um die Beweislast für die Gültigkeit elektronischer Rechnungen von den einzelnen Organisationen wegzunehmen, zum anderen, um den Steuerbetrug einzudämmen.
Wie CTC zur Einhaltung von Vorschriften beiträgt
Rückwirkende Audits sind ineffizient. Außerdem müssen sich die Auditoren ausschließlich auf Daten verlassen, die von Unternehmen erhoben und gespeichert wurden. Bei diesem statischen Ansatz sind die Steuerzahler lange nach Abschluss einer Transaktion noch in der Beweispflicht. Anstatt historische Informationen zu bewerten, erheben CTCs relevante geschäftliche Informationen direkt über authentifizierte Transaktionsquelldaten. So stehen Steuerbehörden Daten in Echtzeit oder nahezu in Echtzeit zur Verfügung, wodurch sich die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Erhebungen verbessert. Gleichzeitig verringert sich der Verwaltungsaufwand für Unternehmen, die rechtlich nun auf der sicheren Seite sind.
CTC und Betrugsprävention
Maßgebliches Ziel der kontinuierlichen Transaktionskontrolle ist es, mittels staatlicher Kontrollen den Umsatzsteuerbetrug einzudämmen. Gerade in Zeiten eines hohen Inflationsdrucks und der anstehenden Zinsrückzahlungen von Corona-Krediten ist die Notwendigkeit, Falschmeldungen und Betrugsfälle aufzudecken und zu verhindern, höher denn je. Kontinuierliche Transaktionskontrollen ebnen den Steuerbehörden den Weg hin zu mehr Transparenz und besseren Einblicken in die geschäftlichen Transaktionen von Unternehmen und ermöglichen es ihnen daher, auch schon seit geraumer Zeit bestehende Lücken in der Umsatzsteuererfassung zu schließen.
Die Zukunft von CTC
In vielen Ländern, insbesondere in Lateinamerika, zählen kontinuierliche Transaktionskontrollen bereits zur Norm. Europa möchte den gleichen Weg gehen.
Aktuelle Entwicklungen
In Ländern, in denen CTC-Regelungen bereits Anwendung finden, ist die wirtschaftliche Transparenz gestiegen. So kommt es, dass sich nun auch europäische Nationen von der Post-Audit-Lösung verabschieden möchten. Allerdings lässt sich kein einheitlicher Wandel vollziehen, sodass es rund um den Globus mehrere Modelle geben wird. Derzeit zögern die EU-Mitgliedsstaaten noch, die elektronische Rechnungsstellung zur Pflicht auszurufen. An Regelungen zur zeitnahen elektronischen Übermittlung von Transaktions- und Buchhaltungsinformationen an die Steuerbehörde dürfte aber mit der Einführung von CTC kein Weg vorbei gehen.
Viele Staaten haben sind gerade dabei, ein elektronisches Meldesystem einzuführen. Die Einführung von europäischen Vorgaben für grenzüberschreitende Transaktionen steht bereits auf der Agenda. Der jüngste EU-Richtlinienentwurf „VAT in the Digital Age“ (ViDA) dürfte die E-Rechnungspflicht auch im B2B-Sektor nach sich ziehen. Faktisch soll ViDA transnationale Hürden wie die lokale Mehrwertsteuer-Registrierung aushebeln und setzt daher eine EU-weite Pflicht zur transaktionsbasierten E-Rechnungsstellung in einem einheitlichen Standard voraus. In Deutschland treibt derzeit das Bundesministerium der Finanzen gemeinsam mit zahlreichen Verbänden die Einführung E-Rechnungspflicht für inländische B2B-Umsätze voran.
Künftige Herausforderungen
Ziel muss es sein, die gleichen Daten nur einmal mit der öffentlichen Verwaltung eines Landes zu teilen – und zwar möglichst auf identische Weise in allen Ländern, die CTC implementiert haben. Disharmonierende ständige Transaktionskontrollen zwischen Gerichtsbarkeiten und Strafverfolgungsbehörden schaffen Unternehmen Probleme. Denn dann fehlt ein konsistenter rechtlicher, administrativer und technologischer globaler Rahmen. Setzt die öffentliche Verwaltung nicht auf eine ganzheitliche Strategie der Digitalisierung, könnte dies die Vorteile, die sich aus digitalen Prozessen im privaten und öffentlichen Sektor ergeben, zunichte machen.
Ein Blick in die Zukunft: Wie CTC die Geschäftswelt verändern könnte
Es ist zu erwarten, dass künftig weitere Dokumenttypen nach CTC-Regeln eingereicht werden sollen, wie etwa Genehmigungen auf der Verkaufsplattform, Transportunterlagen oder Informationen zum Zahlungsstatus. Werden die Steuerbehörden also mehr Unternehmensdaten sowie mehr Daten von Handelspartnern und Dritten überprüfen, bleibt die Optimierung der Rechnungsdaten nicht die einzige Herausforderung. Da mehr und mehr Geschäftsanwendungen und Datenströme für die Steuerverwaltung leicht zugänglich werden, sollten Unternehmen damit beginnen, der Datenqualität und -konsistenz oberste Priorität einzuräumen. So es dürfte es auch nur eine Frage der Zeit sein, bis Steuererklärungen von den Steuerbehörden vorab verfasst und Unternehmen lediglich zur Legitimation übersandt werden.
Fazit
Tools zur Einführung automatisierter Kontrollen können dazu beitragen, vorgelagerte Datenprobleme rechtzeitig zu erkennen. Viele unzureichende Daten sind Überbleibsel papierbasierter Prozesse. Unternehmen sollten jetzt Maßnahmen ergreifen, um auf automatisierte Prozesse umzusteigen, die auf strukturierten und maschinell lesbaren Alternativen basieren.